Die Aare als verbindendes Element der Berner Agglomerationsgemeinden hat fünf von ihnen (Bern, Köniz, Ittigen, Zollikofen und Bremgarten) dazu bewogen, gemeinsam mit der Regionalkonferenz Bern-Mittelland das Kooperationsprojekt Aareschlaufen zu starten. Damit sollen Schutz und Nutzung der Aare im Raum Bern aufeinander abgestimmt werden. Das Buch beschreibt unter anderem einige der dabei entstandenen Projekte. Die Beiträge dieses Bandes zur Aare und zu den sie nutzenden Menschen sind so vielfältig wie diese selbst, was sicher die grosse Stärke des Werks ausmacht. Die einzelnen Autorinnen und Autoren sind ausgewiesene Fachleute auf ihrem Gebiet und vermitteln deshalb fundiertes Wissen, für diesen Band gut lesbar formuliert und so für jedermann verständlich. Die Biologin Franziska Witschi gibt einen guten Überblick über das Biotop Aare, wobei nicht nur einzelne Lebewesen vorgestellt werden, sondern ganze Lebensräume wie beispielsweise der Elfenauweiher, das Schwellenmätteli oder die urbanen, kanalisierten Abschnitte der Aare. Dabei wird nicht einfach der Verlust des natürlichen Lebensraums beklagt, sondern der Leser erhält eine Vorstellung von der trotz allem reichen Fauna des Flusses. Ueli Gruner, auf die Berner Verhältnisse spezialisierter Geologe, rollt die Geschichte des Aareraums seit Beginn der Alpenfaltung auf. Klar gestaltete Grafiken und mit Markierungen versehene Fotografien helfen mit, die vielen Wechsel des Aarelaufs nachzuvollziehen. Beim nächsten Spaziergang entlang der Aare wird der Leser etwas besser verstehen, wie es zu den an den Hängen sichtbaren Sandsteinformationen kam oder woher die farbigen Kiesel stammen. Die viel jüngere Geschichte menschlicher Tätigkeiten entlang der Aare beschreibt Anna Bähler, wobei sie den Fokus auf die Wechselwirkungen zwischen Mensch und Wasser legt. Die Historikerin konzentriert sich dabei auf die Siedlungsgeschichte und die Funktion der Aare als Transportweg. Ganz explizit um die Nutzung des Wassers geht es im Beitrag von Christian Lüthi, der sich dem Thema Gewerbe und Industrie widmet. Markus Steiner, Landschaftsarchitekt und Mitarbeiter im Projekt Aareschlaufen, beschreibt die landschaftsgestaltende Kraft der Aare und wie der Mensch hier eingreift, sei es um das Wasser zu nutzen, Hochwasser zu bekämpfen oder um der Natur wieder Raum zu geben. Hilfreich ist, dass die einzelnen Beiträge immer wieder aufeinander Bezug nehmen, sodass man beginnt, die Aare als ganzheitliches System und als vielfältigen Lebensraum wahrzunehmen. Sozusagen als Kontrastprogramm zu den eher wissenschaftlichen Beiträgen enthält der Band verschiedene Artikel eher deskriptiver Art. Dazu gehört sicher die Aufzählung all der Aktivitäten, welche an, auf und in der Aare stattfinden. Das geht vom Joggen über das Bootfahren und Baden bis zum Bungeesurfen und Fischen. Die Journalistin Lisa Stalder zeigt eindrücklich, in welchem Ausmass der «Freizeitmensch» den Aareraum nutzt. Ebenfalls ein Journalist, Walter Däpp, gibt in vier Artikeln einige schöne Stimmungsbilder des Lebens an der Aare, welche auf den emotionalen Wert der Aarelandschaft für uns Menschen aufmerksam machen. Jedes dieser Bilder bezieht sich auf eine andere Jahreszeit, sodass wir den Lauf des Jahres am Beispiel der Aare nachvollziehen können.

Stark aufgewertet werden die schriftlichen Teile des Bandes durch die vielen Bilder, von denen der grösste Teil vom Fotografen Hansueli Trachsel stammt. Bild und Text sind gut aufeinander abgestimmt, sodass ein abgerundetes Ganzes entsteht. Die Aufnahmen illustrieren aber nicht einfach das Geschriebene, sondern sie könnten genauso gut für sich alleine stehen: Sie sind selbst kleine Kunstwerke, welche aus dem vorliegenden Band auch ein Fotobuch machen. Berns Aare ist im besten Sinn ein Buch für jedermann, weil hier wirklich für jeden etwas drin ist.

Zitierweise:
Philipp Stämpfli: Rezension zu: Bähler, Anna; Däpp, Walter; Gruner, Ueli; Lüthi, Christian; Stalder, Lisa; Steiner, Markus; Witschi Franziska; Trachsel, Hansueli (Fotografien): Berns Aare. Bern: Haupt 2013. Zuerst erschienen in: Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 76 Nr. 1, 2014, S. 49-51.